Tour durch Südkorea

Vier Monate war es her, dass ich zuletzt in Japan sportlich mit dem Rennrad unterwegs war. Da wurde es wieder Zeit etwas zu unternehmen. Diesmal in Südkorea und zwar etwas länger! Ran, mit der ich schon in Japan unterwegs war, hatte den gleichen Wunsch und so planten wir Südkorea von Norden nach Süden zu durchqueren und dann mit der Fähre auf die Insel Jeju überzusetzen.

Ran würde ihr Rennrad mit dem Flugzeug bringen, also musste nur noch ich einen fahrbaren Untersatz organisieren. Ein gehobener Rennradladen wollte aber 500 US$ für ein ordentliches Rennrad plus 100 US$ für den Helm für einen Monat! Um das Geld bekomm‘ ich ein ordentliches gebrauchtes Rad! Und so habe ich mich nach einer Alternative umgesehen. Auf der Online-Plattform „warmshowers.com“, auf der man weltweit private Übernachtungsmöglichkeiten bei ebenfalls Rad-Faszinierten finden kann hat mich dann weitergebracht: Ich habe viele Nutzer in Seoul angeschrieben, ob sie mir nicht evtl. bei der Suche helfen könnten oder jemanden mit einem Rad kennen. Und eine gute Seele hat mir geantwortet und gemeint, er hätte ein Tourenrad, das er mir für einen Monat leihen kann!

So ging es auf nach Seoul und da war es: Ein Jamis Aurora Stahl-Tourenrad mit Lenkerendschaltung. Besonders beeindruckend war die bis ins kleinste Detail durchdachte Ausrüstung: Wasserdichte Ortlieb Taschen, kleine Standpumpe, Tool mit Kettennieter, Ersatzspeichen am Rahmen, usw! Chee, der Besitzer ist 2014 damit von Madrid nach Paris geradelt.

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Und so ging es auf gen Süden. Nach der ersten Etappe, die wegen organisatorisch spät möglichem Start recht kurz ausfiel erreichten wir unseren ersten Gastgeber. Die meisten Unterkünfte haben wir und später ich alleine auf couchsurfing.com und warmshowers.com arrangiert. Couchsurfing verwende ich fast ausschließlich auf meiner großen Reise um bei und mit Einheimischen zu wohnen und warmshowers ist im Prinzip das Gleiche für Radfahrer.

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In Südkorea gibt es super ausgebaute Radwege, die zwar nicht so häufig wie in Deutschland sind aber dafür z.B. von Seoul quer durch’s Land nach Busan gehen. Und wer sich auf diesem Weg einen speziellen Pass an jedem Checkpoint abstempeln lässt bekommt eine Medaille zugeschickt. Unser Ziel war es aber der Küste entlang direkt nach Süden zu radeln.

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Unterwegs spendeten wir mal einen Tag, um eine alte Tempelanlage zu besichtigen, die Schule unseres Gastgebers zu besuchen oder einfach nur die Gegend zu erkunden und zu kochen. Auffällig in Korea sind die vielen Pavillions und Bushaltestellen, in denen meistens einige alte Stühle oder Sofas zu sehen sind. Hier treffen sich öfters die Älteren auf einen gemeinsamen drink & talk.

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Im Süden Korea’s erreichten wir dann die Hafenstadt Mokpo, von wo aus wir geplant hatten die Fähre nach Jeju zu nehmen. Es war mit 180km unsere längste Etappe und wir erreichten wegen eingelegter „Hitze-Pause“ zeitig um elf Uhr abends das Fähren Terminal. Leider war die riesen Nachtfähre schon ausgebucht und so blieb uns nichts anderes übrig, als die restlichen Stunden zum Morgen hier zu vertreiben. Dementsprechend müde gingen wir dann später an Board und versuchten es uns mit Decken unter der großen Wendeltreppe gemütlich zu machen. Nach 30 Minuten weckte man uns aber auf und wir mussten unsere Sachen packen. Doch die nette Crew hatte ein Zimmer für uns und zwei Koreaner – was für ein nettes Upgrade! So erwischten wir doch noch ein paar Stunden Schlaf, bevor es weitere 30km zu unserer Gastgeberin ging.

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Die Insel Jeju durchquerten wir von Norden nach Süden. Dabei musste der zentral gelegene Berg „Hallasan“ von Meereshöhe bis auf 1100m erklommen werden. Den darauffolgenden Rasttag verbrachten wir ganz nach bewährter RSC Manier: Mehr Höhenmeter! Diesmal aber zu Fuß und so fanden wir uns bei kühleren Temperaturen auf 1950m. Den Weg zurück zur Hafenstadt nahmen wir auf der anderen Seite des Berges. Bisher hat die Navigation per Handy mit der Offline-Navigations-App „MAPS.ME“ hervorragend funktioniert. Diesmal aber war der Radweg, auf den uns die App leitete wohl eher was für Mountainbikes und so mussten wir teilweise auf dem sehr schönen und einsamen Waldpfad schieben. Nach etwa einer Stunde wurden wir dann aufgehalten und darauf hingewiesen, dass hier geschütztes Gebiet sei und wir dem Auto den ganzen Weg zurück folgen sollten. Dabei war die nächste Straße doch so nahe! Und so wurde mit Hand und Fuß erklärt und die Herren bekamen nach einem Telefonat das okay uns ein stückweit zu begleiten und dann in Richtung Straße zu entlassen. Später sahen wir dann auch erstmals was die Herren meinten: Ein riesen Tor mit Warnschildern versperrte die Straße. Und das mussten wir dann samt Fahrräder und Ausrüstung übersteigen.

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Da wir unseren Gastgeber in Jeju City erst spät abends treffen konnten musste erstmal eine Dusche her. Und da kam ein noch nicht bezogenes Bürogebäude mit abgeschottetem Parkplatz gerade recht: Neben den frisch gesetzten Pflanzen war ein angeschlossener Gartenschlauch, der sogleich zur Aussendusche umfunktioniert wurde. Danach gab es ein typisches Koreanisches Barbeque, bei dem das Schweinerne am eigenen Tisch vom Personal zubereitet wird.

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Hier trennten sich dann nach 10 Tagen unsere Wege. Ran musste für ein Interview zurück nach Japan fliegen. Bis hierhin waren wir in 5 Tagen etwa 550km auf dem Rad. Ich blieb noch ein paar Tage in Jeju und setzte dann mit der Fähre nach Wando über. Hier ging es dann in zwei Etappen von 130km und 180km in Richtung Busan. Geschlafen habe ich beide Nächte in einer wie für Radfahrer gemachten Einrichtung: Ein koreanisches Jjimjilbang. Diese Art Familien Saunen bieten für umgerechnet 7€ Eintritt zu Duschen und Sauna, man kann allerdings auch in einem Schlafsaal auf dünnen Matten übernachten und bekommt ein Schließfach.

In Jinju verbrachte ich zwei Tage mit der Familie meines „warmshowers“ Gastgebers, der letztes Jahr in seinen Semesterferien die USA in drei Monaten durchquert hat. Und von Ulsan nahm mich mein nächster Gastgeber samt Rad und Gepäck zu seinem 350km entferntem Ferienhaus mit. So übersprang ich zwar eine große Strecke, konnte mir aber etwas mehr Zeit lassen und in der größten Mittagshitze einige Stunden Pause machen. Und die waren teilweise auch nötig. Bei diesen Temperaturen musste das ein oder andere Gewässer für eine Erfrischung herhalten!

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Unterwegs gab es immer wieder einige interessante Dinge zu sehen und eine Menge Gerichte zu probieren. Mein Tourenrad machte sich hervorragend auf dieser Tour, auch wenn ich mir teilweise etwas weniger Gewicht gewünscht hätte.

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In Chuncheon war ich über couchsurfing bei einer Dame, die seit 10 Jahren in Korea lebt und Radfahren auch als eines ihrer Hobbies hatte. Und so planten wir eine Tour im Norden von Südkorea. Auf der „leichten“ Offroad Tour musste mein Rad dann die All-Terrain Eigenschaften ausgiebig ausreizen. Danach ging es auf schönem Asphalt die nördlichste Straße Südkoreas entlang zu einem Friedensdamm und einem Park ausrangierter und zu Kunstobjekten umgewandelten Panzern, die als Symbol für den erwünschten Frieden zwischen Süd- und Nordkorea stehen sollen.

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Auf meiner letzten Etappe ging es dann zurück nach Seoul. Diesmal das erste Mal auf einem der berühmten und beworbenen Radwegen. Der Radweg führt teilweise auf Holzstegen entlang von Seen und Flüssen oder zwischen den Bergen und ist immer zweispurig und sehr angenehm zu fahren. Entlang der etwa 100km kamen mir auch einige Mountainbike und Rennradgruppen unter und was soll ich sagen: Ich habe noch in keinem Land wie in Korea solche Materialschlachten gesehen! Specialized, Scott, Bianchi, usw ist mit den Top Modellen vertreten. Die meisten der Radler würden wir aber eher als Eisdielen-Radler einstufen…

So, geschrieben habe ich den Artikel vor fast zwei Monaten und mittlerweile bin ich mit dem (Motor-) Rad in Nord-Indien gewesen (einige RSCler würden sich bei den Pässen sämtliche Finger abschlecken) und bin jetzt in Nepal in den Bergen unterwegs.

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